Dr. Bürklin Wolf - Ruppertsberger Hoheburg Riesling Auslese 1963

Verkostungsnotiz: Dr. Bürklin-Wolf – Ruppertsberger Hoheburg Riesling Auslese 1963

Farbe:
Ein intensives, lichtdurchflutetes Bernsteingold mit kupfernen Reflexen und olivgrünen Schattierungen am Rand. Die Farbe verrät das Alter, bewahrt aber eine strahlende Klarheit – ein Hinweis auf die sorgfältige Reifung unter idealen Bedingungen.

Nase:
Ein komplexes, reifes Bouquet, das mit klassischen Alterungsaromen von Petrol, Honigwachs und getrockneten Kräutern (Kamille, Thymian) beginnt. Darunter entfalten sich Schichten kandierter Zitronenschale, überreifer Mirabellen und einer wachsigen Textur. Leicht oxidative Nuancen (geröstete Haselnuss, Karamell) verbinden sich harmonisch mit einer kühlen Mineralität (Schiefer, nasser Kieselstein). Eine blasse Blütennote (verblasste Lindenblüte) erinnert an die ursprüngliche Eleganz des Weins.

Gaumen:
Am Gaumen offenbart sich eine erstaunliche Vitalität: Die Süße ist sanft und eingebettet in eine schlanke, aber präzise Säure, die dem Wein eine fast jugendliche Frische verleiht. Geschmacksnoten von eingemachter Quitte, getrockneten Aprikosen und einer Spur Kurkuma dominieren, begleitet von einer salzig-mineralischen Prägung (Meersalz, Gesteinsstaub). Die Textur ist seidig-ölig, mit einem Hauch von Bitterkeit (Grapefruitschale), die die Komplexität unterstreicht.

Finish:
Der Abgang ist lang und nachdenklich, getragen von einer salzig-rauchigen Mineralität und einem Nachhall von Petrol, Honigwabe und altem Holz. Die Süße löst sich langsam auf, zurück bleibt eine kühle, fast metallische Frische, die den Gaumen noch Minuten später umspielt.

Gesamteindruck:
Der Ruppertsberger Hoheburg Riesling Auslese 1963 von Dr. Bürklin-Wolf ist ein faszinierendes Relikt aus einer Zeit, in der die Pfalz ihre Renaissance als Riesling-Region noch vor sich hatte. Trotz des schwierigen Jahrgangs 1963 – geprägt von kühler Witterung und spätem Herbstregen – überzeugt der Wein durch seine Balance und die poetische Interplay aus tertiärer Reife und mineralischer Geradlinigkeit. Die „Hoheburg“-Lage, bekannt für ihre steilen, schieferdurchsetzten Böden, verleiht dem Wein eine strukturgebende Strenge, die der Süße Kontrapunkte setzt. Ein Wein, der weniger Kraft als vielmehr kontemplative Tiefe bietet – ein stiller Botschafter der pfälzischen Weinbaugeschichte.

Bewertung: ★★★★☆ (4/5 – Ein reifer, faszinierend komplexer Auslese, der die Handschrift eines großen Weinguts trägt. Trotz des Jahrgangs von beeindruckender Eleganz.)

Hinweis:
Bei Weinen dieses Alters ist die Lagerung entscheidend. Diese Notiz basiert auf einem Exemplar mit einwandfreier Provenienz, das keine starken oxidativen Fehlnoten aufweist.

Kontext:

• Jahrgang 1963: Ein schwieriger Jahrgang in Deutschland, geprägt von kühlem Sommerwetter und nassem Herbst. Nur disziplinierte Weingüter wie Bürklin-Wolf schufen unter diesen Bedingungen langlebige Weine, gestützt auf strenge Selektion und traditionelle Vinifikation.

• Dr. Bürklin-Wolf: Ein historisch bedeutendes Weingut der Pfalz, bekannt für seine mineralisch geprägten Rieslinge und biodynamische Philosophie (bereits in Ansätzen damals praktiziert).

• Hoheburg-Lage: Eine steile, südwestlich exponierte Einzellage in Ruppertsberg mit verwittertem Buntsandstein und Schiefer – ideal für strukturierte, langlebige Rieslinge.

• Stil der Zeit: Die 1960er-Jahre waren in der Pfalz noch von traditionellen Ausbauweisen geprägt (lange Maischestandzeiten, große Holzfässer), was Weinen oft rustikale Tannine und oxidative Noten verlieh. Hier jedoch dominiert überraschende Finesse.

„Ein Wein, der die Seele des Pfälzer Rieslings erzählt: streng im Gerüst, doch voller geheimnisvoller Süße – wie ein gereifter Vers aus einer vergessenen Zeit.“