Winzergenossenschaft Kallstadt Weinstrasse - Kallstadter Steinacker Riesling 1956

Verkostungsnotiz: Winzergenossenschaft Kallstadt Weinstrasse – Kallstadter Steinacker Riesling 1956

Optik:
Ein strahlendes, tiefes Gold mit bernsteinfarbenen Reflexen, die auf Jahrzehnte der Reife hindeuten. Leicht transluzent, mit einer zarten Viskosität, die sich in zögerlichen Tränen am Glas abzeichnet. Trotz des Alters bewahrt der Wein eine klare, lebendige Brillanz – ein Zeugnis sorgfältiger Lagerung.

Nase:
Ein faszinierendes Bouquet, das sofort mit reifen Aromen von Petrol, getrockneten Pfirsichen und Bienenwachs lockt. Darunter entfalten sich Noten von kandierter Zitronenschale, Honigwabe und einer dezenten Nussigkeit (Mandelsplitter, Walnuss). Feine oxidative Akzente, verbunden mit mineralischer Kühle und einer Spur weißer Pfeffer, verleihen Tiefe und Komplexität.

Gaumen:
Ein harmonisches Zusammenspiel von gereifter Süße und zurückhaltender Säure, die überraschend lebendig wirkt. Am Gaumen dominieren geschmeidige Aromen von Honigmelone, Apfelkompott und einer Prise Salzstein. Die Textur ist seidig, fast cremig, mit subtilen Untertönen von geröstetem Mandelholz und einer zarten Bitterkeit im Hintergrund. Der Alkohol (wohl um 11–12 %) ist vollständig integriert.

Abgang:
Langanhaltend und elegant, mit einem Nachhall von reifem Quittenmus, Schiefermineralik und einer hauchzarten Zitrusfrische. Die finale Würze erinnert an Ingwer und verblasst langsam in einer salzigen, fast mediterranen Note – ein Hinweis auf den einzigartigen Terroir des Kallstadter Steinackers.

Gesamteindruck:
Ein außergewöhnlicher Zeitzeuge, der die Kraft alter Rieslinge und die Handwerkskunst der Winzergenossenschaft Kallstadt vereint. Der 1956er Steinacker offenbart eine faszinierende Balance zwischen Reife und Vitalität. Ein Beweis dafür, dass auch Genossenschaftsweine Jahrzehnte überdauern können, wenn Tradition und Sorgfalt Hand in Hand gehen.

Serviervorschlag:
Bei 10–12 °C als meditativer Aperitif oder paired mit geräuchertem Forellenfilet, Ziegenkäse auf Honignussbrot oder einem leichten Mandelgebäck. Auch solo ein Erlebnis, das zum Innehalten einlädt.

Lagerpotenzial:
Auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung, doch bei optimaler Lagerung (kühl, dunkel, konstante 12 °C) noch Jahre stabil. Ein Wein, der Geschichten erzählt – perfekt für historische Degustationen.

Hinweis:
Ein seltener Schatz aus einer Ära, in der Riesling noch oft im großen Holzfass reifte. Der Jahrgang 1956 spiegelt das Erbe der Pfalz wider: sonnenverwöhnte Trauben, mineralische Böden und kollektive Winzerleidenschaft. Ein Trunk für Liebhaber deutscher Weinhistorie und die Poesie des Alterns. 🍷